Pressemitteilung „Ingenieure22 weisen Bahnaussagen zum Brandschutz bei Stuttgart 21 zurück"

Pressemitteilung der Ingenieure22 vom 07.05.2020 

Ingenieure22 weisen Bahnaussagen zum Brandschutz bei Stuttgart 21 zurück

Mit Pressemitteilung vom 6.5.2020 kritisieren das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 und Ingenieure22 den Brandschutz bei Stuttgart 21 fundamental (1). Bei einem schweren Brand, wie er etwa 2018 in Montabaur sich ereignete, bestehen in einem Tunnel kaum Chancen für Fahrgäste und Personal, den Brand zu überleben. Wie üblich weist die Bahn die Kritik pauschal zurück – ohne auch nur einen Kritikpunkt zu entkräften: „Man plane und arbeite grundsätzlich auf Basis der anerkannten Regeln der Technik. Hierzu zählen gesetzliche europäische und nationale Grundlagen, sämtliche Regelwerke und eingeführte Vorgaben der Behörden, so ein Bahnsprecher…

Diese Aussagen weisen die Ingenieure22 mit Entschiedenheit zurück:
Die DB sollte erst einmal beweisen, dass es überhaupt gelingt, die in den von ihr beauftragten Simulationen berechneten Entfluchtungszeiten realistisch zu erreichen. Bisher haben alle halbherzigen Entfluchtungsübungen mit gerade einmal 300 Fahrgästen und bis zu 300 (!) Helfern zu Entfluchtungszeiten im Stundenbereich geführt. (Beispiele von Tunnelübungen: Eurotunnel 17.10.2010, Katzenbergtunnel 17.11.2012, VDE8 11.3.2017). Ingenieure22 ist es bisher nicht gelungen, Unterlagen über eine derartige Übung zu erlangen, um sie in Beziehung zu den Simulationen zu setzen (2). 

Stattdessen behauptet der ehemalige oberste Brandschützer der PSU Klaus-Jürgen Bieger, dass Züge nie voll sind und damit die Simulationszeiten vielfach sogar unterschritten werden könnten. Schlimmer noch, bis vor kurzem behauptete man auf Seiten der DB, dass Züge nicht brennen könnten.

Die Pressemitteilung des Aktionsbündnisses (1) ist so umfassend, dass ihr nichts hinzugesetzt werden muss.
Abweichungen, Erleichterungen in den Simulationen der DB, die nicht regelkonform sind, sind dort im Einzelnen
aufgeführt. Weitere Erläuterungen finden sich in dem Offenen Brief der Ingenieure22 an die DB und das EBA (3).

Hier nur drei Beispiele:

  • Die Bahn simuliert die Entfluchtung eines ICE ohne Sitze, wodurch statt des engen, 54 cm breiten Ganges im Wageninneren, eine unrealistisch große Fluchtwegbreite entsteht. Dies verkauft sie als realitätsnahe Simulationsgrundlage (und das EBA sieht weg).
  • Die Bahn simuliert die Entfluchtung eines Zuges (ICE) mit 14 Rettungsleitern, wobei in einem ICE lediglich 4 Rettungsleitern vorhanden sind (und das EBA sieht weg).
  • Die Bahn simuliert die Entfluchtung eines Zuges und berücksichtigt nicht, dass die 2. Röhre, in die die Flüchtenden sich retten sollen, erst freigefahren sein muss und dass in einen Querschlag nur 50- 100 der 1757 Personen reinpassen, während der Rest auf dem Fluchtweg in Rauch und Feuer 7 bis 10 Minuten warten soll (und das EBA sieht weg).

Und zu allem Übel verlangen die Richtlinien nicht einmal die Berücksichtigung der Rauchausbreitung, die besonders in den bei Stuttgart 21 engen Tunnelröhren gefährliche Werte annehmen kann, weil sie die Fliehenden überholt.

Das Fazit der Ingenieure22: So, wie sich EBA und DB die Entfluchtung eines brennenden Zuges im Tunnelsystem von Stuttgart 21 vorstellen, wird es nicht funktionieren. Ein Skandal, dass man meint, die Probleme erst zur Inbetriebnahme lösen zu wollen.


(1) http://ingenieure22.de/cms/images/presse/PM-AB-Ing22_Bahn-baut-S21-Todestunnel_2020-05-05.pdf
(2) https://ingenieure22.de/cms/index.php/reden/45-rede-von-dr-matthias-ilg-staatsgeheimnisfahrgastsicherheit-die-bahn-schweigt-zur-katzenbergtunneluebung-auf-der-177-montagsdemo-am-24-juni-2013
(3) http://ingenieure22.de/cms/images/presse/Brief_Ing22-WoJa-an-S21-Verantwortliche_2020-04-27.pdf


Diese PM als PDF zum Herunterladen